Im Gespräch mit NORDENDtalk
Unser Vorstand zu Gast im NORDENDtalk: Folge 5: Damit Sport fair bleibt
Das Interview führten Magdalena Polloczek und Gökhan Özmemis vom NORDENDtalk.
Sport ist facettenreich, weckt Emotionen und kann eine universelle Sprache sein. Der positive Vibe ist schnell vorbei wenn man von der Missachtung grundlegender Menschenrechte hört, sei es auf Publikumsrängen, in Machtstrukturen oder in Austragungsländern von Sport- Großveranstaltungen. Das Zentrum für Menschenrechte und Sport e.V. (ZMS) denkt beides zusammen und setzt damit ein klares Zeichen für Diversität, Interkulturalität, Inklusion und Empowerment. Wir nutzen das virtuelle Gespräch, um von den Vorsitzenden Viktoria (Frankfurt) und Jonas (Berlin) mehr darüber zu erfahren.
Ein ziemlich spannendes Projekt was ihr vor kurzem erst aufgezogen habt! Wie seid ihr zu dieser Idee gekommen?
Über die letzten Jahre haben die Themen Menschenrechte und Nachhaltigkeit im Sport international stärkere Aufmerksamkeit erfahren: Einerseits orientieren sich Organisationen im breiten Feld des Sports vermehrt an den UN-Leitprinzipien für Wirtschaftlichkeit und Menschenrechte und andererseits warfen vereinzelte Großveranstaltungen wie bspw. die Olympischen Spiele in China 2008 oder die Fußball-WM in Russland 2018 konkrete Menschenrechtsfragen auf. Deshalb wollten wir uns in diesem Bereich engagieren. Wir sind seit August 2020 ein Verein, haben die Hürde “Bürokratie” ganz gut gemeistert und freuen uns jetzt darauf, unsere inhaltlichen Ziele umzusetzen.
Menschenrechte und Sport – was genau habt ihr vor?
Als unabhängiger Akteur sehen wir uns als Informations- und Kompetenzstelle für ein breites Spektrum an Themen: Wir arbeiten Informationen auf, indem wir beispielsweise die Satzungen der mitgliederstärksten Sportdachverbände auf deren Verbindlichkeit zu Menschenrechten hin untersuchen. Diese und weitere Informationen stellen wir in unserer Mediathek, welche gerade aufgebaut wird, als Literatur oder Filmmaterial bereit. Sensibilisierung und Bewusstsein schaffen wollen wir perspektivisch auch durch unsere eigene Bildungsarbeit. Um die Bedeutung von Menschenrechten auch in den verschiedensten Organisationsformen und Unternehmungen hervorzuheben, ist diese Informationslage dringend notwendig – es braucht aber auch eine zentrale Anlaufstelle für Rückfragen und eine Plattform für Austausch. Wir wollen dahingehend ein Netzwerk aufbauen und als Verein wachsen. Dabei ist es uns wichtig, dass Interessierte mitmachen können (auch überregional), dass wir uns demokratisch organisieren und dass wir gemeinnützig sind – wie so viele Sportvereine in Deutschland auch.
Die Black Lives Matter-Bewegung hat im letzten Jahr prominente Athlet:innen motiviert, gegen Rassismus einzutreten und symbolisch niederzuknien.
Ja, sehr eindrucksvoll haben sich viele Athlet:innen aktiv dazu geäußert. Das hat gezeigt, dass Menschenrechte im Sport sehr wohl ein akutes Thema sind, mit ganz konkreten Herausforderungen. Trotzdem bleibt das für viele oft sehr abstrakt. Wir klären deshalb auf und betonen, dass sich das Thema Menschenrecht im Sport keineswegs nur auf den Hochleistungsbereich erstreckt, sondern alle Felder im engeren wie weiteren Sinne sportlicher Betätigung betrifft: Von Gesundheitsfragen, Kinderrechten, Geschlechtergleichheit bis hin zu Inklusion.
Nächstes Jahr findet die Fußball-WM in Katar statt. Laut Berichten werden für den Bau der Stadien Zwangsarbeiter eingesetzt. Wird euer Verein dieser Gruppe eine Stimme geben?
Die Situation in Katar ist schwierig. Die Arbeitsbedingungen sind inakzeptabel, es gibt auch Zahlen von verstorbenen Arbeitskräften. Allerdings beziehen sich diese Angaben auf den gesamten Bausektor im Katar und nicht auf den Bau einzelner Stadien. Genau hier verdeutlicht sich unser Ansatz: Wir sind keine Advocacy-Organisation im engeren Sinne, aber wir halten dahingehende Informationen aktuell, ordnen sie in den Kontext ein und zeigen damit auf, in welcher Weise Sport Menschenrechte berührt.
Wie seht ihr momentan die Situation in Deutschland bei Fragen der Nicht-Diskriminierung?
Die gesetzlichen Grundlagen sind eigentlich vorhanden, aber vielen ist nicht bewusst, welche Verantwortung sie tragen, sei es als Ehrenamtliche, als Mitglieder im Verein, oder als Kinder- und Jugendtrainer:in. Der Sport ist kein menschenrechtsleerer Raum. Menschenrechte betreffen uns alle – und verpflichten uns alle.
Vielen Dank für das Gespräch!